Prüfkriterien

Die Bewertung von medizinischen Forschungsvorhaben durch die Ethik-Kommissionen folgt einer Reihe von Bewertungsinhalten (Prüfpunkte), die im Detail komplex und mit Abwägungen verbunden sind. Hier finden Sie Informationen dazu.

Die drei Blickrichtungen der Bewertung

Die Ethik-Kommissionen prüfen die eingereichten Forschungsvorhaben grundsätzlich aus drei Blickrichtungen.

Wissenschaftliche Qualität: Zuerst fragen sie, ob die wissenschaftliche Qualität und Relevanz der Studie gegeben sind. Dies schließt auch eine sorgfältige Abwägung der potentiellen Risiken gegenüber dem erwartbaren Nutzen für die Studienteilnehmer und die ärztliche Heilkunde mit ein.

Ethische Vertretbarkeit: Zweitens stellen sie sicher, dass die internationalen ethischen Standards für die Forschung am Menschen eingehalten werden. Auf abstrakter Ebene betrifft dies den Schutz der Studienteilnehmer vor Instrumentalisierung für die Zwecke anderer sowie die Sicherung ihrer Autonomie und ihres Wohlergehens.

Rechtliche Zulässigkeit: Drittens überprüfen sie, ob das Vorhaben nach den gesetzlichen Bestimmungen für medizinische Forschung in Deutschland zulässig ist.

Auf den ersten Blick könnte es irritieren, dass die Ethik-Kommissionen auch die wissenschaftliche Qualität beurteilen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die wissenschaftliche und ethische-rechtliche Integrität einer Studie untrennbar mit einander verbunden sind. Nur wissenschaftlich gut konzipierter Forschung ist ethisch vertretbar, da nur sie valide Ergebnisse erwarten lässt, die einen sozialen Wert für die medizinische Versorgung haben und somit Risiken und Aufwand für die Studienteilnehmer rechtfertigen. Gleichzeitig muss der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn auf den unverzichtbaren ethischen Prinzipien für die Forschung mit Menschen basieren.

Die einzelnen Prüfpunkte der Bewertung

Diese grundlegenden Blickrichtungen schlagen sich in unterschiedlicher Ausprägung in den Prüfpunkten nieder, nach denen ein Ethik-Antrag im Einzelnen beurteilt wird. Die Prüfpunkte decken die Inhalte des Antrags aufgeteilt auf die folgenden Gebiete ab:

  1. Studienbasis: Dient der Einordnung des Forschungsvorhabens hinsichtlich der Aspekte Studiendurchführung (z.B. mono-/multizentrisch), Qualifikation der Prüfer und Prüfstellen, Verantwortlichkeit des Sponsors und Studienfinanzierung, potentielle Interessenkonflikte sowie zu beachtende rechtliche Bestimmungen.
  2. Fragestellung und Studiendesign: Thematisiert Aspekte zur wissenschaftlichen Konzeption des Vorhabens wie etwa die wissenschaftliche Rationale, die Angemessenheit des Studiendesigns hinsichtlich der Beantwortung der Forschungsfrage (z.B. Studientyp, Stichprobe, Fallzahlkalkulation, Outcomes), das Studienprotokoll bzw. den Prüfplan, die geplanten Interventionen, ihr Risiko-Nutzen-Verhältnis und ihre Bedeutung für die Behandlung (bei Einschluss von Kranken) sowie die Studienabbruchkriterien.
  3. Studienteilnehmer: Ist explizit auf den Schutz und die Sicherheit der Studienteilnehmer ausgerichtet, wobei die Aspekte Information und Einwilligung (z.B. Verständlichkeit der Aufklärungsunterlagen), Umgang mit Einwilligungsunfähigkeit und vulnerablen Gruppen, Versicherung und Aufwandsentschädigung, ärztliche und psychosoziale Fürsorge sowie das Management von Biomaterialien überprüft werden.
  4. Dokumentation, Auswertung, Berichterstattung: Hier werden Punkte wie Datenschutz und Dokumentationsbögen, Studienmonitoring und Prozedere bei unerwünschten Ereignissen/Nebenwirkungen, die statistische Auswertung sowie die Veröffentlichung der Ergebnisse beurteilt.

Abschließend wird ein Resümee gezogen, ob die Durchführung des Forschungsvorhabens ethisch vertretbar ist. Hier wird auch noch einmal ein studienspezifischer Rückbezug auf die forschungsethischen Prinzipien hergestellt.

Weitere Informationen

Jahrbuch 2012
Empfehlun­gen zur Begutach­tung klin­is­cher Stu­dien durch Ethik-​Kommissionen
Heiner Raspe, ​Ange­lika Hüppe, Daniel Strech und Jochen Taupitz. Verlag Köln: Deutscher Ärzte-​Verlag, 2012
Medizin-​Ethik 25 — Jahrbuch des Arbeit­skreises Medi­zinis­cher Ethik-​Kommissionen in der Bun­desre­pub­lik Deutschland