Die medizinische Forschung führt u.a. Studien mit Menschen bzw. deren Körpermaterialien und Daten durch. Vor Beginn solcher Studien sind die beteiligten Ärzte und Ärztinnen verpflichtet, das Forschungsvorhaben einer Ethik-Kommission vorzulegen. Die zustimmende Bewertung ist eine notwendige Voraussetzung, um mit der Studie beginnen zu können.

Die Mitglieder von Ethik-Kommissionen gehören verschiedenen Berufsgruppen an. In jeder Kommission sitzen Ärzte und Ärztinnen, Juristen und Juristinnen, Menschen aus verschiedenen Bereichen der Ethik, wie z.B. der Theologie, Philosophie oder Medizinethik. Des Weiteren sitzen Menschen anderer medizinischer Bereiche, wie z.B. Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Biometrie oder Pharmakologie sowie als medizinische Laien bezeichnete Personen in Ethik-Kommissionen. Alle Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus.

Aufgaben einer Ethik-Kommission

Die Ethik-Kommissionen beurteilt die eingereichten Forschungsvorhaben unabhängig, d.h. ihre Mitglieder sind weder an den beurteilten Projekten beteiligt, noch sind sie von der Projektdurchführung abhängig. Bedeutung für die Unabhängigkeit hat zudem, dass die Mitglieder ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben. Dabei werden sie organisatorisch unterstützt von den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle der Ethik-Kommission.

Am Ende der Beratungen der Ethik-Kommission steht das Votum, welches an die Forschenden kommuniziert wird. Das Votum kann zustimmend oder ablehnend ausfallen. Oft werden zustimmende Voten unter Auflagen erteilt. In der Praxis erhalten über 90% der Anträge eine Zustimmung unter Auflagen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Ethik-Kommissionen wesentlich zur Verbesserung der eingereichten Forschungsvorhaben beitragen.

Die rechtliche Grundlage der Bewertungspflicht von Ethik-Kommissionen bilden verschiedene Gesetze auf europäischer sowie Bundes- und Landesebene. Je nach Art der Studie trifft etwa das Arzneimittelgesetz (für klinische Studien mit Arzneimitteln und Impfstoffen), das Medizinproduktegesetz und deren Verordnungen sowie das Berufsrecht der Ärzte (für alle sonstigen medizinischen Forschungsprojekt) detaillierte Regelungen. Im Arzneimittel- und Medizinprodukte-Bereich sind zudem Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union maßgebend. Von enormer Relevanz für die grundlegenden Werte und ethischen Standards in der Forschung mit Menschen sind verschiedene internationale Leitlinien und Deklarationen, allem voran die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes.

Der Prozess der Bewertung durch die Ethik-Kommission beginnt mit einem Antrag der Forschenden, der eine ganze Reihe detaillierter Informationen zum geplanten Forschungsprojekt enthält. Im Studienprotokoll werden z.B. das wissenschaftliche Studiendesign und Risiko und Nutzen der Studienteilnahme beschrieben. Anschließend erhalten die Mitglieder den Antrag zur Lektüre und Kommentierung. Die eigentliche Beratung und Entscheidungsfindung der Mitglieder findet in den regelmäßigen Sitzungen der Ethik-Kommission statt. Im Detail ist der Inhalt der Bewertung überaus komplex, er kann jedoch in den folgenden drei Punkten skizziert werden:

Wissenschaftliche Qualität
Die wissenschaftliche Qualität einer klinischen Studie ist Grundvoraussetzung dafür, dass die Studie vertrauenswürdige Erkenntnisse für die Medizin liefert. Davon kann bspw. ausgegangen werden, wenn die Forschung auf ausreichend Vorversuchen und dem aktuellen Stand der Fachliteratur aufbaut und das gewählte Studiendesign eine Beantwortung der Forschungsfrage zulässt. Besonders zentral ist zudem, dass das Risiko bei Studienteilnahme in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Nutzen für die Teilnehmenden und zukünftige Patienten und Patientinnen steht.
Ethische Vertretbarkeit
Die wissenschaftliche Qualität einer Studie ist untrennbar mit deren ethischer Vertretbarkeit verbunden. Schlechte Forschung ist kurz gesprochen unethisch, da sie Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer Risiken aussetzt, ohne dabei zu vertrauenswürdigen Ergebnissen zu führen. Zu den Kriterien ethischer Forschung zählt u.a., dass die Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer vor Ausbeutung geschützt werden, ihre Selbstbestimmung durch eine verständliche Aufklärung gewahrt wird und eine gerechte Auswahl der Teilnehmenden erfolgt.
Rechtliche Zulässigkeit
Nicht zuletzt müssen sich Forschungsvorhaben im Rahmen des geltenden Rechts bewegen. Ausschlaggebend ist hier unter anderem, ob das mit dem Antrag eingereichte Aufklärungsmaterial eine rechtlich gültige, freie und informierte Einwilligung zulässt oder ob bei Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Studienteilnehmern (z.B. Minderjährigen) entsprechende zusätzliche Schutzregelungen Beachtung finden.

Menschen in Ethik-Kommissionen

  • Ich bringe in der Ethikkommission viel aus meiner beruflichen Erfahrung in der Patientenberatung ein. Ich will hier den Blick von Patienten und Betroffenen einnehmen, Anträge aus ihrer Sicht lesen und dann dies in den Austausch mit den anderen Kommissionsmitgliedern einbringen.

    Josef Roß Dipl. Sozialarbeiter (i.R.), Berater für Ethik im Gesundheitswesen, Oldenburg
    Medi­zinis­che Ethik-Kom­mis­sion der Carl von Ossi­et­zky Uni­ver­sität Oldenburg
  • Als Patientenvertreter in der Ethikkommission fühle ich mich für die an Studien teilnehmenden Patienten und Probanden verpflichtet. Mir ist das gesundheitliche Wohlergehen der Patienten und Probanden bei Teilnahme an Studien wichtig, damit ihnen der wissenschaftliche Fortschritt zu Gute kommt.

    Manfred Pfeiffer Dipl. Betriebswirt, Patientenvertreter, Das PatientenForum e.V., Bundesverband für Patienten-&-VersichertenInteressen
    Ethik-​Kommission der Lan­desärztekam­mer Rheinland-​Pfalz
  • Medizinische, juristische und ethische Perspektiven zu harmonisieren, ist von fundamentaler Bedeutung. Als juristisches Mitglied der Ethikkommission ist es für mich besonders spannend, die medizinische Forschung zu unterstützen und mit den Persönlichkeitsrechten von Patient*innen und Proband*innen in Einklang zu bringen.

    Prof. Dr. Jens Puschke LL.M. Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften, Professur für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie und Medizinstrafrecht, Philipps-Universität Marburg (Bildnachweis: Foto Markus Farnung)
    Ethik-Kommission des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg
  • Forschung ermöglicht, dass wir unseren Patient*innen noch besser helfen können. Mir liegen dabei Kinder und Jugendliche als besonders schützenswerte Gruppe am Herzen. Hier müssen unbedingt Studien erfolgen. Gleichwohl gelten ethisch besondere Maßstäbe und es ist Aufgabe der Ethikkommissionen diese angemessen zu berücksichtigen.

    Prof. Dr. Katja Becker Direktorin der Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Bildnachweis: Laackman Photosudios Marburg
    Ethik-Kommission des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg
  • Meine Arbeit in der Ethikkommission verfolgt die zwei Ziele, die Sicherheit der Studienpatienten sicherzustellen und durch Beratung zur Qualität der zu prüfenden Studien beizutragen.

    Prof. Dr. med. Werner Rettwitz-Volk Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin
    Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer Hessen

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